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Zonenrinder



Hanas Wissenstest

Liebe Netznutzer! Unsere Autorin möchten wissen, woher Ihr kommt. Bitte tut ihr den Gefallen (sie heult sonst) und macht mit beim großen Ost-West-Blitz-Test. Lest ganz einfach laut den folgenden Text.


Ihr habt diesen Test nicht bestanden? Dann lest bitte hier weiter.

Hana JenselSie ningelt wieder. Nach ihrem Werk „Zonenrinder“ meldet sich Hana Jensel nun ungefragt zurück. Terror, Tüten und der Papst – ihr ist nichts heilig. Sogar Honecker muss nochmal ran!

Hana Jensel zum 3. Oktober 2005.

 

Hana hilft

Wenn Westdeutsche leiden

Der Osten macht Wessis depressiv. So lautet das Ergebnis einer Psycho-Studie der Uni Leipzig. Das Umfeld deprimiert die hergezogene Westfrau und den hier lebenden Westmann. Keine Freunde, kein Spaß, nur Missgunst und Neid. Hana Jensel will helfen. Hier ist ihr Offener Brief zum Tag der Deutschen Einheit 2004.

Liebe Bürgerinnen und Bürger aus dem NSW,

es gibt viele Gründe, weshalb Ihr bei uns depressiv werdet. Ich werde drei beim Namen nennen. Das reicht für den Anfang. Euch ärgert das Jammern, Euch ärgern wir Frauen im Osten, und Euch ärgert die viel zu gute Versorgungslage, nur dummerweise mit Ostprodukten.

Doch zunächst zum Jammern.

Gejammert wird ständig im Osten. Das war schon immer so. Wenn wir nicht jammern, würden wir platzen. Und wer macht dann die Schweinerei weg? Also! Außerdem wurden wir alle 40 Jahre lang unterdrückt. Selbst wenn wir erst 20 sind.

Das Jammern erfolgt im Osten absichtlich in einer für Westohren unverständlichen Sprache. Das ist noch von früher so wegen der Spionageabwehr. Thüringisch, Anhaltinisch oder Sächsisch – der Westdeutsche versteht das Meiste davon nicht. Er scheitert ja bereits an der Uhrzeit: Ist viertel vor Drei nun Dreiviertel Drei oder viertel Vier? Darum nutzen Sie, wenn Sie schon unbedingt hier sein müssen, als Westdeutsche im Osten bitte ausschließlich Uhren mit Digitalanzeige. Lassen Sie sich die Zeit vorlesen! Vergessen Sie dabei nicht das Dividieren!

Dem Jammern begegnen Sie am besten durch Freundlichkeit. Lachen Sie, wenn Sie Kapitalisten mal tüchtig beschimpft werden. Verweisen Sie auf Engels, der Marx unterstützte, falls Sie verprügelt werden sollen. Imitieren Sie im Notfall den ortsansässigen Dialekt. Intonieren Sie „Sing mei Sachse, sing“!

Einigen von Ihnen ergeht es ungerechterweise besser. Manche, und jetzt meine ich die Westmänner, haben tatsächlich durch imperialistisches Blendwerk eine Ostfrau als Freundin gewinnen können oder – durch westliche Täuschung – als Ehefrau.

Aber freuen Sie sich nicht zu früh. Die Ostfrau ist für westdeutsche Verhältnisse hyperaktiv: Sie geht arbeiten – und wenn sie keine Arbeit hat, geht sie demonstrieren. Sie ist also fast nie zu hause und zieht trotzdem viele Kinder groß. Nicht nur ihre!

Sie können nichts dagegen tun. Doch, vermissen Sie sie einfach nicht. Früher war das im Osten üblich, da verschwand immer mal einer spurlos. Laden Sie sich einfach eine andere Frau ein. Bei uns sieht man das locker – da sind eh’ alle eine Brigade.

Außerdem kommt die Freundin oder die Ehefrau schon wieder, wenn sie Hunger hat. Sie wird doch nicht ihren Westkontakt abreißen lassen, wenn Sie Ihnen einmal auf den Leim gegangen ist. Denn man weiß ja nie, was noch kommt. Wichtig: Vergessen Sie niemals den 8. März! Da erwartet die Frau aus dem Osten Blumen, Kuchen und Eierlikör.

Der Eierlikör darf ruhig aus Nordhausen oder Zahna sein. Ostprodukte mögen wir, wenn auch Sie sie nicht mögen. Aber das ist uns egal, weil die meisten von uns ja wiederum Sie nicht leiden können. Die Ostprodukte und wir stehen auf einer Seite. Sie sind allein auf der anderen!

Neuerdings besinnen wir uns. Der Osten hat seine eigenen Produkte wieder sehr lieb. Das ist gut, wenn wir uns schnell neu an die alten Sachen gewöhnen, falls die Mauer tatsächlich wieder aufgestellt wird. Ob Bambina, Spee oder Rondo-Kaffee – für den westdeutschen Magen ist das nichts. Aber kein Grund zu verzagen, wenn Sie hier leben. Sie werden schlank. Na gut, Sie können sich als Altbundesbürger auch Care-Paketen in den Osten schicken lassen. Genießen Sie echtes DDR-Flair, wenn Sie diese Westpakete mit gutem Kaffee, guter Schokolade und feiner Seife freuen auspacken dürfen. Das hilft gegen Depressionen aller Art – und vielleicht werden Sie dann doch noch einer von uns.

Das soll zunächst reichen. Ich finde, es soll keinem schlechter gehen. Nicht mal Ihnen! Und wenn Ihnen meine Hinweise nichts nützen, besuchen Sie doch den Hartz.

Ihre Hana Jensel

 

 

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