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Die Kolumne

Jeden Monat stanzen Kudernatsch & Co hier etwas Neues für euch zurecht. Diesmal heißt es:

X-MAS IST NICHT DIE MESSE

Kudernatsch sitzt
Kudernatsch sitzt

Weihnachten ist so anders geworden. Guckt mal genau hin! Erkennen wir es überhaupt noch? André Kudernatsch hat die Brille auf.

Früher fackelten noch Wohnungen mit der lieben Omama drin ab, weil der Baum echte Kerzen hatte. Jeder in Thüringen musste den ganzen Dezember lang durchschnitzen, und zum Fest gab’s lecker Hund mit Thüringer Klößen. Geschenke wurden selbst gebastelt. Das Kind fummelte im Schulhort Untersetzer zusammen, die die Eltern kontinuierlich Jahr für Jahr erhielten, bis sie nicht mehr konnten. Die Mutti strickte schön Pullover mit so genannten Zöpfen. Der Vater brannte mit seinem Lötkolben weihnachtliche Motive in Stullenbrettchen.
Heute hingegen lötet sich der Vater allenfalls zu, die Mutti strickt nicht mehr, sondern nimmt sich den Strick – und die Kinder sind lange aus dem Haus.
 
Das Selbstbasteln haben sie aber ins neue Jahrtausend hinüber gerettet. Zu Weihnachten schenken sie ihren Eltern selbst gebrannte CDs und selbst gebrannte Filme. Die Eltern hören und sehen ja nicht mehr so gut. Da macht es nichts, wenn da fremde Leute in der Musik husten, die Lieder hopsen und nicht beschriftet sind oder hässliche Typen mitten im Film ihre fettigen Birnen vor die Leinwand halten.

Auch vor der Tür sieht’s zu Weihnachten nicht festlich aus. Jeder größere Ort wird zugemüllt mit Bretterverschlägen, an die die Hunde pinkeln. Slums, die als Weihnachtsmärkte deklariert werden, nur weil eine fruckige Tanne in ihrer Mitte darauf wartet, sich ihrer zu erbarmen und bei Sturm all die räudigen Hütten unter sich zu begraben. Auf Weihnachtsmärkten gibt es Schlüpfer, Töpfe und Schund. Alles, was vom Großreinemachen in schimmligen Lagern übrig geblieben ist, muss raus. So sieht das meiste davon aus: Verbogene Teile von Gittertoren, an die man Kerzen klemmen kann, werden zu „spirituellen Eisenwaren“. Beißpuppen von verstorbenen Kampfhunden werden mit Resten durchgekauter Spatzen kombiniert und als Glücksengel verkauft.

Weihnachtsmänner auf diesen Märkten sind hackedicht und stinkig und auf ABM. Glühwein glüht nicht mehr, aber durch das Frostschutzmittel drin kann niemand mehr einfrieren. Lebkuchen sind nicht mehr essbar – sie sind zum Andiewandnageln gedacht und folgen traditionell der alten Rechtschreibung. Trenne nie ST, denn es tut ihm weh – schwupps, wer doch versucht hat, etwas abzubeißen, braucht nun zwei Zähne weniger zu putzen.

Weihnachtsbäume werden immer krummer und kosten ein Vermögen. Darum schmeißt man sie auch nicht mehr weg, sondern tauscht sie im Januar bei IKEA in eine strunkige Grünpflanze um, die nach zwei Wochen hinüber ist. Aber ehrlich: Palmen aus Schweden – was erwartet ihr da? Nur ABBA geht niemals ein, Leute.

Fürs neue Jahr nehme ich mir vor, das nächste Weihnachtsfest ganz anders anzugehen. Wie, weiß ich jetzt auch noch nicht. Aber ich habe dafür ja noch zwölf Monate lang Zeit.

(Kudernatschs Kolumne. Aus: Blitz! Das Stadtmagazin für Erfurt, Jena und Weimar. Nr. 12/2006)

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